Mehr Bewusstsein für "gezielt verbreitete Entrüstung"

"Moralische Empörung ist ein zentraler Faktor für die Verbreitung von Inhalten auf sozialen Medien", sagte die österreichische Journalistin und Digitalisierungs-Expertin Ingrid Brodnig bei der Pastoraltagung 2025 in Salzburg. Unseriöse Akteurinnen und Akteure würden damit nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch Erfolg erzielen. "Wir müssen lernen, unsere Emotionen zu hinterfragen, insbesondere wenn wir wütend werden", betonte Brodnig in ihrem Vortrag.
"Kama-Muta" stärken
Faktenchecks, ein kritischer Social-Media-Konsum und mehr Bewusstsein für "Rage-Bait" - die gezielt verbreitete Entrüstung - könnten die Mechanismen sozialer Medien aufzeigen. Aktuell belohne das Social-Media-Ökosystem noch Ärger und Polarisierung. Die Bedeutung positiver Emotionen wie Empathie oder "Kama-Muta", das Gefühl des Gerührt-Seins, müsse gestärkt werden.
Auch die Kirchen könnten dazu beitragen, einer gesellschaftlichen Polarisierung entgegenzutreten, etwa indem sie Orte anbieten, "die respektvolle Diskussionen ermöglichen und Gemeinschaft fördern", wies Brodnig hin. Vereine - von Chören bis zu freiwilligen Feuerwehren - oder pastorale Angebote könnten helfen, ein Bewusstsein für Fakten und Respekt zu stärken. Die Journalistin bezeichnete dies als "Abwehrkräfte gegen unfaire Argumente", also ein Grundwissen über populistische Praktiken und ein Grundverständnis über Manipulation.
Polarisierung als Geschäftsmodell
Die Polarisierung, die durch soziale Medien gefördert wird, hat laut Brodnig auch in der Politik ihren Platz gefunden. Politiker und Medien, die bewusst auf starke Emotionalisierung setzen, profitieren oft ökonomisch oder in Form von Schlagzeilen. "Beleidigungen und Hassrhetorik lenken von Sachfragen ab und schaden der Glaubwürdigkeit der betroffenen Personen", so die Journalistin. Dies geschehe häufig gezielt, um die öffentliche Diskussion auf Nebenschauplätze zu verlagern. "Polarisierungs-Unternehmerinnen und -unternehmer" - sei es in der Politik oder den Medien - erzeugten einfache Feindbilder und nutzten gezielte Provokation.
Die Referentin warnte zudem vor einem möglichen Ende von Faktenchecks auf Meta-Plattformen - wie Instagram oder Facebook - in Europa, nachdem diese in den USA bereits eingestellt wurden. "Wenn wir den Mechanismus kennen und trainieren, können wir lernen, kritischer mit Inhalten umzugehen, die uns wütend machen - unabhängig davon, ob sie politische oder Lifestyle-Themen betreffen", so Brodnigs Appell.
Quelle: Kathpress / Bearbeitung: Katrin Leinfellner